Die Frage ist mehrdeutig und somit auch die Antwort, für uns MS`ler ist es aber eher so, dass man liebsten antworten möchte „soweit einen die Füße tragen“
Diese leise Angst im Hinterkopf, dass das Gehen irgendwann doch ein Problem werden könnte…
Nun ja, 4 Monate liegen hinter meiner Diagnose, eine gewisse Zeit aber nicht lange genug und natürlich gespickt mit ups & downs. Total doof war es, dass ich vor 4 Wochen noch mal einen Schub bekommen habe, das wirft einen natürlich erstmal wieder zurück, zumindest für den Moment und dann kommen diese Ängste hoch, fast so als würde das Gespenst im Schrank lauern und nur darauf warten, herausspringen zu dürfen. Nun ich habe mein Gespenst am Anfang schon „Olli“ getauft. Etwas was einen Namen hat, ist weniger beängstigend. Also Olli versucht mich noch hin und wieder zu erschrecken aber so ganz gelingt ihm das nicht mehr. Ich habe schon seit Jahren eine Smartwatch mit Schrittzähler und stelle immer öfter abends fest, dass meine 10.000 Schritte erreicht wurden. Manchmal frage ich mich, wann ich das denn geschafft habe? Allerdings mit Hunden und Pferden unterwegs zu sein, viel auf den Weiden zu laufen, Ställe zu besuchen um Pferde zu behandeln lässt mich neben dem Job im Büro, doch echt viel durch die Gegend tingeln. Von daher kann ich bisher getrost sagen „soweit mich meine Füße tragen“ denn noch funktionieren diese einwandfrei. Dank Corona ist meine Kondition total im Keller. War ich doch gestern zum Bogenschießen auf Parcours, der hat nur knapp 7km länge aber über 200 Höhenmeter Unterschied und so ist das ordentliches Gekraxel. Auf der Hälfte hat mein linkes Knie mal wieder gemeint, so ein wenig wie Pudding zu werden und Anzeichen gemach wieder mal wegzusacken, etwas was ich letztes Jahr im ersten Schub mal hatte, aber ich habe es einfach ignoriert, meine Sorgen auf die Seite geschoben und siehe da, nach ein paar Minuten war der Anflug vorbei und das Knie so stabil wie immer. Den Rest vom Parcours habe ich dann ganz normal gemeistert. Es war das erste Mal seit 8 Monaten und seit dem Schub, das ich auf einem großen Parcours gewesen bin, allerdings war auch viel dem Wetter geschuldet, ich bin ehr eine Schönwetter-Schützin, im Regen macht mir das keinen Spaß. Letztes Jahr bin ich noch lockerflockig über den Parcours geflitzt und musste jetzt feststellen, meine Fitness ist echt im Eimer, zu viel Couch-Corona, trotz der vielen 10.000er Schritte. Da rattert mein Hirn und Frust kommt auf, nein „KAM auf“. Mitten auf dem Parcours habe ich mega Frust geschoben und mir liefen peinlicherweise die Tränen, ich fühlte mich alt, kaputt und nur als halber Mensch. Habe meine Verfassung auf das Cortison vor 3 Wochen geschoben, auf den Schub und die MS und dabei völlig außer Acht gelassen, dass ich in 8 Monaten davor nur 3-mal auf einem kleinen Parcours zum Bogenschießen war. Dabei hat mein Ergebnis sich gestern echt sehen lassen können. Ist doch logisch, wer nicht trainiert kann auch nicht erwarten das er mal so über das Gelände schwebt, ob mit oder ohne MS. Nach einer Nacht Schlaf ist mir auch klar, mit dem wenigen Training wäre das für jeden Normal. Noch besser ging es mir, als mein Mann heute über Muskelkater klagte und meinte, er wäre völlig im Eimer. Sehr schön, denn ich bin nicht im Eimer und Muskelkater habe ich auch nicht. Nicht das ich ihm das gönne, nein nein aber es zeigt mir das ein normaler gesunder Mensch der schon Vize-Weltmeister wurde (oh ja das ist er – mein Göttergatte) auch nach der langen Trainingspause so seine Zippeleins hat. Das hat meine Weltordnung erst Recht wiederhergestellt. Manchmal mache ich mir doch im falschen Moment zu viele Gedanken. Ja so ist das mit der MS, man kann noch so positiv sein und ja das bin ich im Grunde, es gibt Momente da verzweifele ich an der falschen Stelle statt mal realistisch zu bleiben. Nur gut, dass es bei mir schnell verfliegt. Noch besser ist das Körpergefühl und Laufen in Barfußschuhen. Ich besitze Five-Fingers schon seit Jahren aber ziehe diese selten an, da ich mit den Zehen auf Wiesen immer Blümchen pflücke. Sieht zwar witzig aus, wenn zwischen den Zehen knallgelber Löwenzahn getragen wird aber fühlt sich echt nicht gut an. Mittlerweile besitze ich normale Barfußschuhe ohne Zehenfach als Hausschuhe und neuerdings noch ein Paar für Outdoor, Spazieren und Wandern. Nicht nur, dass ich schon immer damit ein besseres Gefühl für den Untergrund hatte als mit klobigen Wanderstiefeln – meine leichte Gangunsicherheit die ich bei dicken Sohlen manchmal habe, verschwindet damit. Die dünnen Barfußsohlen trainieren mich unheimlich gut und meine Störungen in den Füßen sind damit verschwunden. Sieht zwar immer aus, als hätte man Entenfüße aber auf Parcours oder Daheim sind sie chicer als Hauspuschen oder klobige Wanderstiefel. Also ich kann euch Barfußschuhe echt empfehlen, meine MS-Nurse hat mir am ersten Tag nach der Diagnose solche empfohlen, also habe ich Alten hervorgeholt und um weitere ergänzt. Für meine Gefühlsstörungen in den Füßen echt ein Segen… traut euch mal, falls ihr noch keine habt.
So nun ist es an der Zeit mich wieder auf die Socken zu machen, der Tag und weiter Schritte warten.
Bis zum nächsten Mal
Corinna