Vielleicht habt ihr auf meiner Seite den Teil schon gelesen, indem ich über mich berichte, wer ich bin und wie es zu der Diagnose kam.
Tag 2.
Es ist keine Zombieapokalypse, wenn ich in Tagen schreiben und so wird das auch nicht ständig sein aber ich glaube Tag 1 + 2 sind die, nach einer Diagnose, die einem am längsten in Erinnerung geblieben sind. Ich habe mir keine Zeit gelassen um über eine Basistherapie nachzudenken, das musste ich auch nicht. Für mich stand fest, alleine bekomme ich das nicht in den Griff also braucht mein Körper anderweitig Hilfe. Als ich vom Neurologen zurückfuhr mit meinem Rezept in der Tasche und dem Kopf voller Informationen war ich ziemlich erschlagen. Ich rief die Apotheke an, bestellte die Medikamente und besuchte dann erstmal mein Pferd. Ich wollte wieder ein Stück Normalität. Am Stall aber war es an dem Tag unheimlich voll, da ich die letzten Tage im Krankenhaus verbracht hatte und ziemlich angeschlagen aussah, kamen tatsächlich einige auf mich zu. Man kannte es nicht, dass ich tagelang nicht bei meinen Pferden bin und als ich dann doch wie ein Zombie aussehend, dort erschien, waren die Fragen von vielen groß. Ich weiß nicht ob ich froh war erzählen zu können oder überfordert. Wohl ein Mix von beidem.
Nach dem Stall konnte ich dann auch am Nachmittag meine Medikamente holen. Da wir in einer kleinen Gemeinde mit nur einer Apotheke wohnen, kennen mich die Mitarbeiter dort sehr gut. Weil ich als Tierheilpraktikerin schon oft dort bestellt habe oder meine Schilddrüsentabletten hole und wir schon viele Jahren hier wohnen, kennt man auch meinen Namen. Somit war man dort sehr überrascht, dass das Rezept auf meinen Namen lief und man wusste natürlich auch, es ist das erste Mal. Sie waren so lieb und führten noch ein Gespräch über die MS. Ich muss aber gestehen, ich war an dem Tag nicht wirklich fähig zu solchen Gesprächen. Mein Kopf ratterte viel zu sehr um all das Gesagte, die Diagnose, die Ängste und Sorgen, das die mutmachenden Worte gar nicht bei mir ankamen. Mein Hirn war so voll, da passte kein Gespräch mehr rein und ich hatte nur noch das Bedürfnis aus der Apotheke zu fliehen.
Tag 3. und die Wochen danach
Ich erwachte tatsächlich erfrischt und klar, nahm das erste Mal mein Medikament ein und dachte mir „och, wenn das alles ist, dann kann ich gut damit leben“. Da mein Gehirn ja ein Schwamm ist, das ständig Brainfood benötigt, suchte ich mir auf seriösen Seiten wie die DMSG, Amsel usw. viele Infos, bestellte Bücher, las über Ernährung, bestellte einen ganzen Schwung an Nahrungsergänzungsmitteln, schüttelte den Staub der Diagnose von meinen Schultern und dachte, es geht wunderbar weiter. Das Kortison aus der Stoßtherapie hat mich ordentlich aufgeputscht, ich dachte schon ich bin Wonderwoman und ging somit nahtlos wieder zur Tagesordnung über. Ging nach kurzer Zeit schon wieder arbeiten, stürzte mich noch in den Zweitjob und meinte, mir selbst beweisen zu müssen, das alles beim Alten ist. Der erste Versuch nach 2 Wochen auf dem Parcours mit Bogenschießen war für mich so eine Katastrophe, sodass ich die Woche drauf wieder hinfuhr, nur weil Hirn sagte, es gibt keine Grenzen, die sind in deinem Kopf. Versagen gibt es nicht. Ich war auch unheimlich erleichtert, dass der zweite Anlauf sehr gut klappte. All das forderte seinen Tribut, auf der Arbeit kam ich von 0 auf 250 % ackerte ohne Pausen, ohne Rücksicht auf die Gesundheit und das ging keine Woche gut und ich bekam all die Symptome zurück. Ein Anruf beim Neurologen und schon wurde ich wieder aus dem Verkehr gezogen. Nach 2 Wochen sollte ich mich noch mal melden, leider ebbten diesmal die Symptome nicht wirklich ab, im Gegenteil sie waren wieder so massiv wie am Anfang und somit wurde ich dann erneut in die Praxis bestellt. Der Verdacht war ein zweiter leichter Schub aber ohne MRT ist es ein Verdacht und damit wurde mehr sehr schnell und ganz intensiv klar, kein kosmischer Bonus. Die gleiche A***-Karte wie alle anderen in dem Spiel auch. Das warf mich aus meiner Gelassenheit heraus und lies mich mit einem Schlag auf den Boden der Tatsachen stürzen.
Ich vergrub mich fast eine ganze Woche in Selbstmitleid, in Ängsten „wann kommt der Rollstuhl? – Wie lange geht das noch gut?“ usw. Ich riet meinen Mann sich scheiden zu lassen, was will er denn mit einem defekten Menschen wir mir?!
Natürlich hat mein Mann nicht auf mich gehört, mir aber den Kopf ein wenig zurechtgerückt. Ich fand seine Art damit umzugehen ehrlich gesagt nicht gut, es gab mir kein gutes Gefühl aber so ist er nun mal. Nach ein paar Tagen machte ich mir aber klar, dass ich im Grunde alles besitze was man sich nur wünschen kann. Ich lebe in einem Land das mich medizinisch versorgt, ich habe eine Krankenkasse, Familie, Freunde, meine Pferde, 2 tolle Jobs, meine Haustiere und kann mein Leben gestalten wie ich es möchte (naja lassen wir mal Corona dabei außer Acht). Noch geht bei mir alles, also fand ich, ist der Zeitpunkt des Jammerns noch nicht erreicht.
Das half mir tatsächlich schnell aus meinem Tief, sortierte mich gut durch und gab mir wieder Aufschwung, es gab mir auch die Chance mich selbst besser zu organisieren, den Fokus mehr nach innen zu richten und auf mich zu achten.
So wie es weitergeht, das erfahrt ihr demnächst
Eure Peppercrumb